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Begleiterkrankungen

Nierenversagen und Nierenersatztherapie bringen teilweise Begleitumstände mit sich, die beachtet und therapiert werden müssen. Gleichzeitig gibt es aber auch Begleiterkrankungen, die unabhängig von der Niereninsuffizienz auftreten können oder bereits als Vorerkrankung vorliegen. Die Ernährung spielt eine zentrale Rolle bei der möglichen Eingrenzung von Beschwerden.

Folgende Begleiterscheinungen des Nierenversagens bzw. der Nierenersatztherapie gilt es im Auge zu behalten:

Ist die Ausscheidungsfunktion der Niere eingeschränkt oder vollständig gestört, sammelt sich Wasser im Körper an. Das Gleichgewicht zwischen Aufnahme und Ausscheidung von Flüssigkeit ist aufgehoben. Der Überschuss an Körperwasser führt in der Regel zu einem erhöhten Blutdruck (Hypertonie). Ein über längere Zeit erhöhter Blutdruck schädigt die Blutgefäßwände und durch die Überlastung auch das Herz. Weitere Informationen zum Thema finden sich auch im Kapitel Ödeme / Überwässerung.

Die geschädigten Gefäße können Ursache für Blutungen im Gehirn (Hirnschlag), am Augenhintergrund oder anderen Stellen des Gefäßsystems sein. Deswegen ist es so wichtig, den Blutdruck zu normalisieren. Dies kann durch konsequenten Wasserentzug, Einschränkung der Trinkmenge, ausreichend lange Dialysezeiten und blutdrucksenkende Medikamente geschehen.

Natürlich kann Bluthochdruck auch Ursachen haben, die nicht mit einer eingeschränkten Nierenfunktion in Zusammenhang stehen. Doch auch dann ist eine konsequente Blutdrucknormalisierung aus den oben genannten Gründen sehr wichtig. Das gilt gerade auch für Nierenkranke im Stadium vor Aufnahme der Dialyse: Hier kann ein zu hoher Blutdruck die Nierengefäße zusätzlich schädigen und zu einer sich schnell verschlechternden Nierenfunktion führen. Wird er jedoch reguliert, kann der Beginn der Dialyse oftmals aufgeschoben werden.

Bluthochdruck ist auch als eigenständiger Verursacher einer Nierenfunktionsstörung zu nennen. Er kann seinerseits die Nierengefäße schädigen und damit über einen langen Zeitraum eine Dialysepflicht erzeugen.

Die deutsche Nierenstiftung hat zum Thema "Hochdruck und Niere" ein Faltblatt herausgegeben, das unter www.nierenstiftung.de  als PDF abgerufen oder bestellt werden kann.

Bei eingeschränkter Nierenfunktion können verschiedene Erkrankungen des Herzens und der Lunge auftreten. So ist eine mangelnde Versorgung des Herzens mit Sauerstoff möglich. Diese kann man an starken Schmerzen hinter dem Brustbein erkennen. Oft tritt ein Engegefühl im Brustkorb auf, die Schmerzen können in beide Arme, Oberbauch, Rücken oder Hals ausstrahlen. Hier ist unverzüglich eine weitere diagnostische Abklärung und Behandlung notwendig.

Treten über lange Zeit vermehrt Stoffwechselabbauprodukte im Blut auf, so begünstigt dies das Auftreten einer Herzbeutelentzündung (Perikarditis). Auch diese macht sich durch starke Schmerzen im Brustkorb bemerkbar. Eine Flüssigkeitsansammlung im Herzbeutel kann zu Herzrasen, niedrigem Blutdruck und prall gefüllten Halsvenen führen. Ob Entzündung oder Flüssigkeitsansammlung – in beiden Fällen ist die Dialyse einzuleiten bzw. zu verstärken. Auch eine Wasseransammlung in der Lunge (Lungenödem) bedarf meistens der unmittelbaren Krankenhauseinweisung. Weitere Informationen finden sich im Kapitel Ödeme/ Überwässerung.

Als weitere Komplikationen einer Nierenfunktionsstörung sind Rippenfellentzündungen und Verkalkungen der Herzkranzgefäße sowie von Weichteilen (Gelenkkapseln etc.) möglich.

Ärztliche Kontrollen, die Achtsamkeit der Patienten und der regelmäßige Austausch zwischen Fachpersonal und den Betroffenen helfen in vielen Fällen vorzubeugen oder die Behandlung rechtzeitig in die Wege zu leiten.

Viele Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion leiden unter einer mehr oder weniger starken Blutarmut. Diese durch Störungen in der Niere verursachte Blutarmut wird "renale Anämie" genannt und gegenüber Blutarmut anderer Ursachen abgegrenzt.

Eine gesunde Niere produziert das Hormon Erythropoetin, das die Blutbildung anregt. Bei fortschreitendem Nierenversagen wird eine zu geringe Menge des Hormons produziert, wodurch diese Form der Blutarmut entsteht.

Weiterhin können eine verminderte Eisenaufnahme aus dem Darm oder Eisenverluste eine Blutarmut hervorrufen. Verantwortlich sind Schleimhautveränderungen im Magen-Darmtrakt und möglicherweise auch Blutverluste durch die Hämodialysebehandlung selbst. Als Zeichen der Blutarmut treten Müdigkeit, Atemnot, schneller Herzschlag Tachykardie oder Herzschmerzen auf.

Die Behandlungsmöglichkeiten richten sich nach der genauen Ursache. So kommen die Gabe von Eisen, Vitamin B12 oder Folsäure in Frage. Bluttransfusionen werden bei akuten Notfällen sowie in Einzelfällen verabreicht. Meistens hilft die Verabreichung von Erythropoetin, das synthetisch hergestellt wird und dem körpereigenen Hormon entspricht. Unter einer Erythropoetin-Therapie kommt es in der Regel zu einer Besserung der Blutarmut  inklusive einer verbesserten Leistungsfähigkeit, mehr Appetit und weniger Müdigkeit. Eine Normalisierung, d.h. kompletter Ausgleich der Blutarmut, wird wegen möglicher Nebenwirkungen der Erythropoetine nicht angestrebt.

Eine stark eingeschränkte Nierenfunktion kann sich auf den Magen- und Darmtrakt auswirken. Verantwortlich hierfür sind vor allem Stoffwechselabbauprodukte, die in nicht ausreichender Menge ausgeschieden werden. Morgendliche Übelkeit bis hin zu Brechreiz, Bauchspeicheldrüsenentzündungen, Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüre sowie Durchfall sind mögliche Beschwerden. Eine Reduzierung der Eiweißzufuhr kann bei Übelkeit helfen. Bei Dialysepatienten können Übelkeit und Appetitlosigkeit auch Zeichen für zu wenig Dialyse sein.

Liegen Magen-Darm-Geschwüre vor, sollten magnesium- und calciumhaltige Medikamente nur mit äußerster Vorsicht und nach ärztlicher Rücksprache eingenommen werden.

Bei chronischer Niereninsuffizienz kann es im fortgeschrittenen Stadium zu einer Störung der Nervenfunktionen, der so genannten urämischen Polyneuropathie kommen.

Die konkrete Ursache hierfür ist unbekannt. Da sich jedoch die Beschwerden mit der Dialysetherapie in der Regel bessern, scheinen Stoffwechsel-Abfallprodukte im Körper verantwortlich zu sein. Sensibilitätsstörungen, das Gefühl brennender Fußsohlen oder nächtlicher Unruhe und typischen Kribbelns in den Beinen sowie Muskelschwäche können Anzeichen einer Nervenfunktionsstörung sein. Sind vorwiegend die Beine von der Nervenfunktionsstörung betroffen, spricht man von peripherer Polyneuropathie. Zusätzlich können Beschwerden wie Blutdruckabfall im Stehen, verminderte Schweißproduktion oder Hörstörungen auftreten.

Falls bei Patienten Symptome einer Nervenfunktionsstörung auftreten, sollte mit dem Arzt über den baldigen Dialysebeginn, oder falls schon dialysiert wird, über eine Intensivierung der Dialyse gesprochen werden. Eine Besserung der Symptome ist meist nach ca. drei Monaten zu erwarten. Bei schwerem Muskelschwund tritt eine Besserung unter der Dialyse erst nach ein bis zwei Jahren ein. Gezielte sportliche Übungen können den Behandlungserfolg unterstützen. Informationen rund um Sport für Nierenkranke bietet das Kapitel Sport und Freizeit.

Durch die eingeschränkte oder fehlende Ausscheidungsfunktion der Nieren kommt es zu einer Flüssigkeitsansammlung im Körper. Ein Überschuss von über ca. zwei Litern Körperwasser führt zu äußerlich sichtbaren Ödemen (Wasseransammlungen im Unterhautfettgewebe). Diese zeigen sich aufgrund der Schwerkraft zunächst an den Beinen. Dort treten sie im Laufe des Tages verstärkt auf und sind nachts im Liegen bzw. morgens deutlich vermindert.

Die Überwässerung führt neben den Ödemen auch zu einer gesteigerten Flüssigkeitsmenge in den Gefäßen und damit zu einem erhöhten Blutdruck. Weitere Informationen finden Sie im oberen Abschnitt "Bluthochdruck".

Wird der zunehmenden Flüssigkeitsansammlung nicht mit geringeren Trinkmengen oder vermehrter Ausscheidung begegnet, sammelt sich schließlich Wasser im Lungengewebe an. Erkrankte leiden zunehmend unter Atembeschwerden und liegen nachts mit erhöhtem Oberkörper. Schreitet die Wasseransammlung in diesem Stadium weiter fort, kann Wasser in die Lungenbläschen übertreten und ein lebensbedrohliches Lungenödem entstehen. Um diese Komplikationen zu vermeiden, ist eine tägliche Gewichtskontrolle sinnvoll. Gewichtszunahmen innerhalb weniger Tage deuten auf Wassereinlagerungen hin.

Für dialysepflichtige Patienten gilt es, starke Gewichtsschwankungen zwischen den Dialysen zu vermeiden.

Ein gegensätzliches Problem kann auftreten, wenn dem Körper während der Dialyse zu schnell und zu viel Wasser entzogen wird. Blutdruckabfall und Schwindelgefühl sind die möglichen Folgen.

Manche Patienten mit Niereninsuffizienz klagen über trockene Haut und Juckreiz. Die Haut kann dünn und verletzlich sein. Schon leichte Berührungen führen in diesem Fall zu kleineren Hautschäden. Der Juckreiz kann auf bestimmte Hautareale begrenzt sein oder die ganze Haut betreffen. Er tritt vorübergehend oder dauerhaft auf, nur außerhalb der Dialysebehandlung oder immer. Er zwingt die Patienten, sich zu kratzen, wodurch die ohnehin beanspruchte Haut weiter leidet.

Besonders wichtig ist es, alle Stoffwechselvorgänge auf ein bestmögliches Maß einzustellen. Zusätzlich sind pflegende Substanzen empfehlenswert. Eine Körperlotion oder das Waschen mit leicht essighaltigem Wasser kann helfen, die Beschwerden zu lindern. Empfehlenswert sind auch milde Präparate auf Basis von Kamille- oder Salbeiauszügen. Ergänzende Hinweise bieten die Ausführungen zum Thema Hygiene und Körperpflege.

Bei starkem, über den ganzen Körper verteiltem Juckreiz sollte der Versuch einer Linderung mit ultravioletter Bestrahlung unternommen werden. Hautreizende Waschzusätze und Seifen sind zu vermeiden, und auch alkoholhaltige Lösungen wie Franzbranntwein sollten nicht verwendet werden. Die erste Erfrischung solcher Lösungen mag zwar gut tun, auf Dauer trocknet die Haut jedoch zusätzlich aus. Selten ist trockene, juckende Haut auf eine allergische Reaktion im Zusammenhang mit der Dialyse zurückzuführen. Ärzte und Pflegekräfte in der Dialyse sollten aber dennoch über alle vorhandenen Allergien eines Patienten informiert werden.

Osteoporose, Knochenschwund, ist eine Erkrankung, bei der sich die Knochengrundsubstanz vermindert. Der Knochen verliert an Elastizität und Stabilität, und das Risiko, Knochenbrüche zu erleiden, steigt. Die Gründe für die Entstehung einer Osteoporose sind vielfältig.

Von renaler Osteopathie spricht man, wenn eine Nierenfunktionsstörung für die Störungen im Knochenhaushalt verantwortlich ist. Mit zunehmender Einschränkung der Nierenfunktion kommt es zu Beeinträchtigungen des Vitamin-D-Haushalts. Als Folge sinken die Aufnahme von Calcium aus dem Darm und der Calciumeinbau in die Knochen.

Eine weitere Einschränkung der Arbeit der Nieren reduziert die Ausscheidung von Phosphat. Die verminderte Menge von Calcium und Vitamin-D bewirkt als Gegenregulation eine vermehrte Ausschüttung von Parathormon aus den Nebenschilddrüsen. Hierdurch kommt es schließlich zu einem verstärkten Abbau und zu einer Entkalkung des Knochens.

Alle therapeutischen Maßnahmen zielen darauf ab, den Haushalt von Calcium, Phosphat und Vitamin-D zu normalisieren und einer überschießenden Parathormonfreisetzung entgegenzuwirken. Eine phosphatarme Ernährung oder die Einnahme von Phosphatbindern ist für Dialysepatienten ratsam.

Die Einnahme von Vitamin-D-Präparaten und neuartigen Medikamenten zur Senkung der Parathormonausschüttung, wie beispielsweise die sogenannten Calcimimetika, können ihren Teil zur Behandlung beitragen. In Fällen extremer Überfunktion der Nebenschilddrüsen mit größter Ausschüttung von Parathormon kann eine operative Entfernung erwogen werden.

Über ein Drittel aller Diabetiker entwickeln als Folge des Diabetes eine Nierenschädigung, eine so genannte diabetische Nephropathie. Ursache ist ein länger bestehender zu hoher Blutzuckerspiegel, der in den Nieren die feinen Blutgefäße in den Nierenkörperchen schädigt. In der Frühphase der Schädigung zeigt sich dies an kleinsten Eiweißmengen im Urin (Mikroalbuminurie). Dieses Eiweiß (Albumin) kann mit Harnteststreifen nachgewiesen werden.

Alle Diabetes-Patienten sind als Gruppe mit erhöhtem Risiko zu betrachten. Besonders risikoreich ist es, wenn Diabetiker zusätzlich unter hohem Blutdruck leiden.

Bei Typ-2-Diabetikern besteht der Diabetes in der Regel über einen längeren Zeitraum (manchmal Jahrzehnte), bis sich die Nierenerkrankung entwickelt.
Studien belegen, dass eine optimale Bluthochdruck- und Blutzuckereinstellung Auftreten und Fortschreiten einer diabetischen Nephropathie verzögern und möglicherweise sogar verhindern können.